Es brauchte nur ein paar Tag mit ausgiebigem Regen im Juni 2016, um den Rhein so anschwellen zu lassen, dass den Orten zwischen Köln und Duisburg Überschwemmungen durch Hochwasser drohte. Besonders gefährdet – wie immer in solchen Fällen – die Stadt Köln, aber auch die Innenstadt von Duisburg. Für die Landeshauptstadt Düsseldorf ist das Risiko selbst bei extremem Hochwasser relativ gering, was die Narren der Stadt vor Jahren zu einem ziemlich gehässigen Karnevalslied animiert hat. Dabei handelt es sich bei hohen Wasserständen oft um echte Naturkatastrophen mit großen negativen Folgen für Menschen und Sachwerte.
Erst seit gut zweihundertfünfzig Jahren häufen sich Hochwasserlagen am Rhein nicht nur, nein, sie werden schlimmer. Zwar ist das Eishochwasser von 1784 immer noch das verheerendste, dass Köln je erleben musste, aber seitdem kommen die Katastrophen mit trauriger Regelmäßigkeit. Der Normalpegel liegt in der Domstadt bei rund 3,50 Metern; er stieg nach starkem Tauwetter und Eisbruch am Unterrhein und in den Nebenflüssen auf 13,55 Meter! Riesige Eisschollen trieben auf der Oberfläche und zerschlugen die Uferbefestigung, Kähne und Schiffe sowie Häuser in der tief gelegenen Altstadt. In zwei Tagen wurden sämtliche in Köln auf dem Rhein liegenden Schiffe zerstört. Tatsächlich handelt es sich bei diesem Ereignis um eine Naturkatastrophe, bedingt durch monatelange extreme Kälte auf der Nordhalbkugel, die wiederum durch den Ausbruch des Laki auf Island ausgelöst wurde. Das Tauwetter setzte sehr plötzlich ein, sodass das Eis auf den zum größten Teil zugefrorenen Flüssen (z.B. Main und Mosel) gesprengt wurde und mit dem Wasser zu Tal schwamm.Grundlegende Schutzmaßnahmen
Viele Städte begannen erst zur Jahrhundertwende zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert mit grundlegenden Schutzmaßnahmen, vor allem durch den Bau von Deichen. Weil aber gleichzeitig die Bedeutung der Binnenschifffahrt für den Warenverkehr wuchs, fing man auch damit an, den Rhein zu bändigen, sein Ufer zu befestigen, Rheinarme abzutrennen, um den Strom so zu begradigen und besser schiffbar zu machen. Mit der rasant wachsenden Bevölkerung im Rheinland ab etwa 1870 wuchsen die Städte, und besonders in Köln rückte die Wohnbebauung immer näher ans Ufer. Wie wir heute wissen, hat sich durch diese Maßnahmen das Risiko von Überschwemmungen der Städte deutlich erhöht.
Düsseldorf bildet da – eher zufällig – eine Ausnahme. Hier hat der Fluss schon weit im Süden mit der seit Hunderten von Jahren unangetasteten Urdenbacher Kämpe einen ersten Auslauf. Steigt der Pegel auf Höhe von Leverkusen, ergießt sich der Rhein in dieses Wiesengebiet mit mehreren Altrheinarmen. Dort können sich die Wassermassen ausdehnen, ohne eine menschliche Ansiedlung zu bedrohen. Selbst wenn die gesamte Kämpe zwischen Baumberg und Benrath komplett zugelaufen ist, steht das Wasser noch unterhalb der Deichkrone bei Urdenbach. Die höchsten Wasserstände sind übrigens an einem Pfahl direkt am „Eingang“ zur Kämpe am Alten Fischerhaus angezeichnet.
Aber auch unmittelbar an der Stadt geben die Düsseldorfer dem Vater Rhein Raum. Die Wiesen zwischen Heerdt und Lörick linksrheinisch und rechtsrheinisch zwischen dem Wasserwerk am Staad und Kaiserswerth können ebenfalls jede Menge Flut aufnehmen und so entschärfen. Deshalb braucht Düsseldorf auch insgesamt nur zwei Schutzanlagen auf dem gesamten Stadtgebiet. Bei Hamm wird ab einem Rheinpegel von Metern das Tor zum Fluss verschlossen. Das geschieht ebenfalls mit dem Durchgang zwischen dem unteren Rheinwerft bei den Kasematten und dem Alten Hafen in der Düsseldorfer Altstadt. Bis vor rund hundert Jahren diente zudem die Golzheimer Insel als weiteres Überflutungsgebiet.Hochwasser in Duisburg
Duisburg ist aus einem anderen Grund gefährdet. Der größte Binnenhafen Europas zieht sich bis weit in die Innenstadt hinein, was schlicht und einfach die addierte Länge des zu sichernden Ufers drastisch vergrößert. Gefährdet ist auch der Innenhafen, über den schon mehrfach das Wasser in die Stadt eingedrungen ist. Trotzdem gab es selbst beim sogenannten „Jahrhunderthochwasser“ am Niederrhein im Jahr 1993 nur geringe Schäden in Duisburg selbst. Viel stärker betroffen waren da die zu Duisburg zählenden Gemeinden Homberg und Rheinhausen – ähnlich wie Köln mit einer sehr nah am Fluss bestehenden Bebauung. Der letzte Ort am Niederrhein, der öfters vom Rheinhochwasser belästigt wird, ist Xanten. Von da an hat der Fluss überall ausreichend Auslauf.
Ab welcher Pegelstände spricht man überhaupt von „Hochwasser“? In Köln liegt die sogenannte „Marke 1“ bei 6,20 Meter, die Marke II entspricht 8,30 Meter – ab diesem Pegel wird die Schifffahrt eingestellt. In Düsseldorf sind es 7,10 Meter (Marke I) und 8,80 (Marke II), bei Duisburg-Ruhrort liegen die Marken bei 9,30 Meter und 11.30 Meter. Den exakten Pegel kann man nicht nur an der Pegeluhr ablesen, sondern online erfahren. Elwis, das System des WSV (Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) meldet beispielsweise aktuell diesen Wasserstand bei Ruhrort (Duisburg). Tatsächlich sind dies aber nur die für die Schifffahrt relevanten Werte. In Köln gilt Hochwasseralarm bereits bei einem Pegelstand von mehr als 4,50; dann werden die ersten Maßnahmen eingeleitet.Der Blick auf den Pegelstand
Es lohnt sich also, bei steigendem Wasser ab und zu einen Blick auf die Pegeluhr zu werfen oder Elwis online zu konsultieren, will man als Bürger von Köln, Düsseldorf, Duisburg und den Orten dazwischen wissen, ob ein Rheinhochwasser droht. Aber auch wenn der Strom selbst nicht an die gefährlichen Marken kommt: Innerstädtische Überflutungen können auch ganz anders entstehen, wenn nämlich die Bäche und Kanäle nach Starkregen zu viel Wasser führen und überlaufen – und das zeigt keine Pegeluhr an.
[In der ersten Folge haben wir das Prinzip des Rheinpegels erklärt und über die Schifffahrt bei Niedrigwasser berichtet.]