Der Rhein, der von Basel bis zu den Mündungsarmen durchgehend schiffbar ist, ist eine der wichtigsten Wasserstraßen in ganz Europa und deshalb auch stark befahren. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat er den Status einer Bundeswasserstraße. Dementsprechend gilt die Rheinschiffahrtspolizeiverordnung mit ihren Verkehrs-, Kennzeichnungs- und Wahrschau-Regeln. Ganz ähnlich wie die Straßenverkehrsordnung sorgt die RheinSchPEV dafür, dass der Binnenschiffsverkehr störungs- und unfallfrei verläuft. Wir haben uns einmal die 3 wichtigsten Verkehrsregeln angeschaut.
1. Die Begegnungsregeln
Manche Spaziergänger an den Rheinufern wundern sich vielleicht, warum an manchen Stellen Linksverkehr herrscht und an andernorts Rechtsverkehr. Wer wo fahren darf bzw. muss ist streng geregelt. Zwischen dem Stromkilometer 769 bei Duisburg-Ehingen bis zur deutsch-niederländischen Grenze gilt die sogenannte „geregelte Begegnung“. Das bedeutet, dass zu Tal fahrende Schiffe am rechten Ufer entlangfährt, während die Bergfahrer sich ans linke Ufer halten. So begegnen sich die Schiffe Backbord an Backbord.
Zwischen den Rheinkilometern 556 und 769 richtet sich die Begegnung nach den Bergfahrern. Je nach Verlauf der Fahrrinne wechseln stromaufwärts und -abwärts fahrende Schiffe die Seiten. Kommt es dabei zu einer Begegnung Steuerbord an Steuerbord, wird an der rechten Seite eine quadratische blaue Tafel ausgeklappt, die nachts mit einem weißen Blinklicht gekennzeichnet ist. Für Autofahrer sieht diese Form der Begegnung aus wie Linksverkehr. Sieht also ein zu Tal fahrender Schiffsführer die blaue Tafel an Steuerbord eines Bergfahrers, weiß er, dass er sein Schiff an der Steuerbordseite des anderen vorbeifahren lassen muss. Gegebenenfalls muss er dafür seine Route ändern.
Die beschriebene geregelte Begegnung gibt es noch einmal zwischen den Stromkilometern 428,2 und 540,2. Von dort bis zum Kilometer 556 gilt ein Rechtsfahrgebot, das besagt, dass die Mittellinie der Fahrrinne nicht überquert werden darf.
2. Die Kennzeichnungsregeln
Was das Nummernschild für das Auto, sind Schiffsname und -nummer für das Binnenschiff. Beide müssen deutlich sichtbar am Heck angebracht sein. Der Name des Heimathafens bzw. Registerortes ist entweder am Heck oder beidseits zu lesen. An beiden Seiten am Bug sollte nur der Schiffsname stehen. Weil aber die Wasserschutzpolizei oft weitere Angaben braucht, ohne diese abfragen zu müssen, sind am Rumpf außerdem Länge, Breite und Tonnage des Schiffs abzulesen. Wichtig für die Beurteilung der korrekten Fahrt ist auch der Tiefgangsanzeiger, der angibt, wie tief der Kiel unter der Wasseroberfläche liegt – entscheidend für die Frage, ob das Schiff bei einem bestimmten Pegel die Fahrrinne überhaupt hätte befahren dürfen. Die Anzeige mit 10-Zentimeter-Einteilung findet sich an beiden Seiten der Bordwand.
Woher ein Schiff kommt, lässt sich an der Flagge des Heimatlandes erkennen, die am Heck gesetzt wird. Die Reederei lässt ihre Fahrflagge am Mast im Bug aufziehen. Wie (fast) überall in der Schifffahrt üblich, führen auch Binnenschiffe Signallaternen: Topp- und Hecklicht (vorne und hinten) sind weiß, links und rechts am Steuerhaus sind es das rote Backbordlicht und das grüne Steuerbordlicht. Blaues Licht bzw. ein blauer Kegel zeigen bei Tankschiffen und Trockengutfrachtern an, dass gefährliche Güter befördert werden.
3. Die Wahrschau-Regeln
Das niederländische Wort „waarschuwing“ ist der Ursprung des seemännischen Ausdrucks „Wahrschau“, der so viel bedeutet wie „Aufpassen!“. In diesem Sinne gibt es am Rhein eine Reihe fester Wahrschau-Zeichen und bei Bedarf schwimmende Wahrschau-Flöße. Berühmt sind die „Verkehrsampeln“ am Rhein rund um die Loreley. Weil die Schiffsführer in den engen Schlingen des Rheins hier keinen Sichtkontakt haben und der Sprechfunkverkehr zwischen den steilen Hängen am Ufer nicht zuverlässig verläuft, regeln Signalstellen der Lichtwahrschau hier die Begegnungen. Sie werden zentral aus Oberwesel gesteuert. Dort ermitteln die Beamten der Revierzentrale, welche Schiffe sich an welcher Stelle befinden und ob es zu gefährlichen Begegnungen kommen kann. Falls ja, schalten sie die „Ampeln“ so, dass immer nur ein Schiff freie Fahrt durch die Engstellen hat.
Immer wenn es zu vorübergehenden Gefahren kommt, werden die entsprechenden Stellen durch gelbe Wahrschau-Flöße gekennzeichnet. Das gilt zum Beispiel nach Havarien, während der Bauarbeiten an Brücken, Arbeiten an der Fahrrinne oder temporären Untiefen. Den Schiffsführern signalisieren die Flöße, dass an diesen Stellen Vorsicht geboten ist und man sich an mögliche Anweisungen der Wasserschutzpolizei exakt zu halten hat.
Allzeit unfallfreie Fahrt
Angesichts der Menge an Binnenschiffen und der über den Rhein transportierten Mengen an Rohstoffen und Waren ist diese Bundeswasserstraße der sicherste Verkehrsweg überhaupt. Zwar kommt es immer wieder zu Havarien, aber nur ganz selten kommen dabei Menschen zu Schaden. Kollisionen sind äußerst selten. Der häufigste Unfall in der Binnenschifffahrt auf dem Rhein entsteht durch die Manövrierunfähigkeit eines Schiffs wegen Maschinenausfalls; die zweithäufigste Ursache sind Fahrfehler des Schiffsführers, die meistens dazu führen, dass sein Schiff auf Grund läuft oder sich festfährt. Die geringe Unfallhäufigkeit belegt die Wirksamkeit der Verkehrsregeln auf dem Rhein.