Tatsächlich ist Düsseldorf mit einer ganzen Reihe wunderschöner Rheinstrände gesegnet, die allesamt stadtnah liegen und mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder auch dem Auto gut zu erreichen sind. Und nur der sogenannte Paradiesstrand, nur einen Katzensprung vom Medienhafen entfernt, ist im Sommer bei schönem Wetter am Wochenende überlaufen. Linksrheinisch kann man es sich dagegen auf feinem Sand unter schattigen Trauerweiden an der Stadtgrenze zu Meerbusch gut gehen lassen. Weil aber alle diese Buchten an Rheinwiesen liegen, laden sie nicht nur im Sommer zum Chillen und Grillen ein, sondern zu jeder Jahreszeit als Rastplätze feiner Spaziergänge entlang des Stroms.

Der Paradiesstrand unterhalb vom Düsseldorfer Hafen

Der Düsseldorfer Paradiesstrand unterhalb vom Hafen

Der Düsseldorfer Paradiesstrand unterhalb vom Hafen

Verrückt genug, dass diese Reihe Sandbuchten am Düsseldorfer Hafen erst seit wenigen Jahren den Namen „Paradiesstrand“ trägt. Vorher wusste die Mehrheit der Düsseldorfer nicht einmal, dass es an dieser Stelle Strände gibt. Denn das gesamte Hafengebiet war mehr oder weniger Terra Incognita. Das änderte sich im Jahr 1978 als nördlich des Kraftwerks Lausward der erste öffentliche Golfplatz Deutschlands entstand, eine 9-Loch-Anlage mit Driving Range, die seit 1991 vom Golf-Sport-Verein Düsseldorf betrieben wird. Direkt am Clubhaus richtete man die Endhaltestelle der Buslinie (heute Linie 732) ein, die eigentlich zum Transport der Arbeiter in den Hafen gedacht war. Noch besser erreichbar wurden Lausward und damit auch der Paradiesstrand nach der Eröffnung der Fußgängerbrücke über die Hafeneinfahrt im Jahr 1992. Nun konnte man mal eben zu Fuß oder mit dem Rand von Unterbilk aus ans Rheinufer. Tatsächlich heißt das erste Stück Rad-Fußweg dort offiziell „Parlamentsufer“, weil es die Fortsetzung des Weges unterhalb des Landtags ist.

Aber selbst in den ersten gut zehn Jahren nach der Eröffnung der Hafenbrücke war der Paradiesstrand noch nicht wirklich populär, und niemand nannte ihn so. Vielmehr dienten die stillen Buchten unter den Weiden bis etwa 2002 vor allem Wohnungslosen als Überlebensplätze, wo sie ihre Zelte aufschlagen und gemeinsam in Ruhe leben konnten. Erst der superheiße Sommer 2003 trieb das Düsseldorfer Jungvolk in Scharen in den Hafen und an den Strand. Dabei waren es weniger die Party-People, die sich dort die Sonnenuntergänge zu Gemüte führten, als vielmehr die eher alternativ Gestimmten und die Neo-Hippies. In manchen Nächten dieses denkwürdigen Sommers sah man von der Heerdter Seite aus Dutzende Lagerfeuer, und die Klänge selbstgemachter Musik zogen über den Strom. Auch tagsüber fand man ab 2003 im Sommer, zumal in den Ferien, viele junge Menschen dort. Sie lagerten einfach im Sand, unterhielten sich und taten das, was man „Chillen“ nennt. Zwei Volleyballfelder entstanden, und viele kühlten sich die Füße im Wasser des Vater Rhein. Dass es extrem gefährlich ist, hier ganz ins Wasser zu gehen, hat sich schnell herumgesprochen. Zwar kommt es immer wieder zur Vorfällen mir unbedachten Schwimmern, aber die Stammgäste achten schon darauf, dass sich niemand selbst gefährdet.

Leider ist der Paradiesstrand im Sommer mittlerweile auch ein Dorado der Wildgriller, die mit billigen Blechgeräten oder gar Einweggrills auflaufen, sich Würstchen oder fürchterliche Nackenkoteletts heiß machen und dazu saufen, was die Leber hält. Der Spirit von 2003 ist am Paradiesstrand dadurch ein bisschen verloren gegangen. Wer sich auskennt, meidet den vorderen, am leichtesten zugänglichen Abschnitt und orientiert sich eher Richtung Kraftwerk, wo die Buchten kleiner sind und beschattet von wunderschönen Trauerweiden. Bei schönem Wetter sind aber auch diese Stellen freitag- und samstagabends oft heillos überlaufen. Deshalb ist es am Paradiesstrand auch am schönsten, weil am stillsten und friedlichsten, unter der Woche und am Sonntagvormittag. Dann trifft man hier nur gelegentlich schweigsame Leser, kuschelnde Paare, pausierende Radler und Spaziergänger sowie natürlich Halter mit ihren Hunden. Gerade für Köter, die gern Rennen, sind die Strände ein ideales Geläuf. Wer es nicht so mit Tölen oder gar Angst vor ihnen hat, sollte sich bewusst sein, dass wie überall unterhalb der Rheindeiche keine Leinenpflicht besteht. Allerdings ist die Lausward aber auch Auslaufgebiet für Stammgäste, also für Leute, die oft oder immer ihre Fiffis hier laufen lassen – und die wissen in aller Regel, was sie tun. Zufällige Gassigänger trifft man hier selten. Bleibt nur anzumerken, dass der Paradiesstrand seine ganze Romantik vor allem bei Nebel im Herbst, bei bewölktem Himmel im Winter und im frühen Frühjahr entfaltet – dann ist man dort oft ganz allein mit sich und dem Vater Rhein und hat einen berauschenden Blick auf die Rheinpromenade.

Die Strände bei Kappeshamm

Die Sandstrände an der Südbrücke in Düsseldorf

Die Sandstrände an der Südbrücke in Düsseldorf

Jetzt geht es um die sechs kleinen Sandbuchten unterhalb von Hamm. Dieses verschlafene Bauernkaff wurde schon vor deutlich mehr als 600 Jahren nach Düsseldorf eingemeindet. Welche Bedeutung der Ortsteil für die Stadt hat, lässt sich leicht am Kosenamen der Düsseldorfer für das Dorf ablesen: Kappeshamm, sagt man, weil hier die Landwirtschaft zuhause ist. Gut drei Viertel der Fläche von Hamm wird landwirtschaftlich genutzt. Wobei unterhalb des Rheindeichs die Übergänge zu den Ländereien der Landwirte von Volmerswerth und Flehe fließend sind. In Sachen Strand bleiben wir aber nördlich der Südbrücke und damit ausschließlich auf Hammer Boden.

Apropos: Der Kardinal Frings mag ein honoriger Kleriker gewesen sein, aber mit Düsseldorf hatte er nichts zu tun, und Düsseldorf nichts mit ihm. Zumal ja Düsseldorf nicht so durchdringend katholisch ist wie Köln. Oder wie das auch ganz schön heilige Neuss. Weil dieses Neuss aber so katholisch ist und die Südbrücke Düsselorf mit diesem katholischen Traditionsstädtchen verbindet, haben die Neusser vor ein paar Jahren durchgesetzt, dass die Südbrücke in „Josef-Kardinal-Frings-Brücke“ umbenannt wurde. Manche vermuten ein Coup der Schilderindustrielobby, weil die Schilder mit diesem Namen ganz schön lang und entsprechend teuer waren, aber in Wahrheit haben sich die Düsseldorfer Stadtmütter und -väter seinerzeit einfach überrumpeln lassen.

Aber weil das alles so ist, nennen die Düsseldorfer diese archetypische Kastenbrücke, ein Unicum in der Düsseldorfer Brückenfamilie, immer noch „Südbrücke“. Und das bleibt dann bitte auch so. Über diese Brücke verläuft die Route 66 deutscher Provenienz. Die Bundesstraße 1 war – als es noch „Reichs“ und nicht „Bundes“ hieß – geplant als durchgehende Verbindung von der deutsch-belgischen Grenze bei Aachen bis nach Königsberg und darüber hinaus bis zur lettischen Grenze. Noch heute verläuft sie bis zur deutsch-polnischen Grenze so wie seinerzeit angelegt. Wie es Bauern so an sich haben, interessieren sich auch die Hammer Landwirte mehr fürs Wetter als für den Verlauf der Weltgeschichte. Und so waren die Hammer bis vor wenigen Jahrzehnten immer unter sich. Lediglich eine Mietshauszeile an der Grenze zum Hafen beherbergte Fremde, also Nicht-Hammer. Dann mauserten sich ein paar Eingeborene zu gewieften Immobilienfuzzis und begannen, Appartementhäuser mit Rheinblick zu bauen. Und weil auch ein paar Anwesen aufgelassen wurden, erhöhte sich der Anteil der Nicht-Hammer ab etwa 1970 deutlich. Allerdings sind wohl nirgends sonst in Düsseldorf die Zugezogenen so nahtlos in die Urgemeinde integriert wie hier.

Das hat deutliche Vorteile für das Strandleben, weil es so an den fünfeinhalb Sandbuchten unterm Dorf eher selten zu größerem Partykrach kommt. Natürlich versammeln sich an lauen Sommerabenden immer etliche Gruppen und Grüppchen zu Grill und Getränk, aber Ballermann-Feeling kommt nie auf. Und als ein Neu-Hammer vor einigen Jahren an den Rheinstrände eine größere Fete veranstalten wollten, da wussten die Hammer dies zu verhindern. Übrigens: Weil es null Schatten an den Hammer Stränden gibt, sind sie was für Braunhautfreaks (tagsüber) oder chillendes Volk (abends und nachts). Letzteres besonders deshalb, weil man von hier aus den einen oder anderen hübschen Sonnenuntergang erleben kann.

Zwischen Düsseldorf-Oberkassel und Meerbusch

Google Map: Die Strände bei D-Lörick

Die zweitschönsten Strände, aber schönsten Buchten gibt es auf Düsseldorfer Stadtgebiet sicher unterhalb des Freibads Lörick. Gemeint ist das linke Ufer zwischen der Theodor-Heuss-Brücke und der Ausfahrt aus dem Löricker Yachthafen. Hier reiht sich eine schattige Sanducht an die andere, was besonders den vielen Hunden und ihren Haltern gefällt, die tagsüber hier zu Dutzenden ihren Spaß haben. Direkt unter der Theodor-Heuss-Brücke findet sich ein größerer Strandabschnitt, der aber auch schon bei mildem Hochwasser schnell überspült wird. Auch die folgenden Abschnitte in Richtung Norden sind schön sandig, aber ohne Baum- und Strauchbestand. Etwa auf Höhe des Strandbades gibt es einen langen, schmalen Beach, auf dem nicht selten Windhunde beim informellen Training zu beobachten sind. Ein paar Meter weiter dann eine Bucht, die bei Niedrigwasser weit in den Strom hinein reicht und stückweise schwarsandig und schlammig ist.

Und dann fangen die romantischen Ecken an. Hier stehen Trauerweiden und andere Bäume und Büsche nahe am Fluss, unter denen man schön im Schatten lagern kann. Ein Picknick zu zweit aus dem Rucksack (ohne Grill!) an einem milden Frühsommerabend gehört zu den schönsten Unternehmungen, die in dieser Stadt möglich sind. Und: Die Menschen, die zwanghaft grillen müssen, verirren sich selten bis hierher, sondern bevorzugen Plätze zwischen Theodor-Heuss- und Kniebrücke. Das liegt auch daran, dass sich Feuerstelle und Grillgut samt notwendiger Bierkästen und Sektkartons über relativ große und holprige Strecken zu transportieren wären.

[Hier geht’s zum ersten Teil der Serie „Die schönsten Rheinstrände…“]

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