Die 1965 eröffnete Leverkusener Autobahnbrücke ist schon lange das Sorgenkind unter den Rheinbrücken unserer Region und gleichzeitig ein Paradebeispiel für die Fehleinschätzungen zu den Ausmaßen des Autoverkehrs in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Schlimmer noch: Der Versuch, den in Folge der galoppierenden Just-in-time-Logistik, bei der Lagerhäuser durch Lkw-Karawanen ersetzt wurden, ausufernden Lastverkehr auf den Autobahnen durch mehr Spuren entgegenzuwirken, hat der feinen Schrägseilbrücke ab Mitte der Neunzigerjahren den Rest gegeben. Indem man eine Standspur zur Lkw-Kriechspur machte, wurde die Brücke in Längsrichtung ungleichmäßig belastet, was die Struktur so stark mitnahm, dass sie irreparabel ist.
Eine Ursache für das andauernde Fiasko war in der Vergangenheit immer auch das Verhalten der Lkw-Chauffeure, die sich – von den arbeitgebenden Speditionen getrieben – weder an Fahrverbote, noch an Geschwindigkeitsbegrenzungen meinten halten zu müssen. Selbst als eine teure und komplexe Zufahrtsregelungsanlage installiert worden war, ignorierten täglich Hunderte Lastkraftfahrer deren Signale und verschlimmerten so den Zustand der Brücke immer mehr. Bei der Planung ging man von 40.000 Fahrzeugen pro Tag aus, 1990 waren es dann schon 120.000 täglich, darunter fast 15.000 Laster mit bis zu 11,5 Tonnen Achslast; ursprünglich galt eine Begrenzung auf 8,00 Tonnen. Dass die Leverkusener Brücke zudem das Nadelöhr beim sich über Jahrzehnte hinziehenden Ausbau des Kölner Autobahnrings auf durchgehend (mindestens) sechs Fahrspuren werden würde, hatten die Verkehrsplaner in ihrem Autowahn auch nicht vorhergesehen. Diese Planung kann heute als so dramatisch verfehlt betrachtet werden, dass selbst ein Neubau nach bisheriger Ausschreibung die Grundprobleme nicht beheben würde. Denn dass die Autobahnbrücke von 1965 nicht mehr zu retten ist, darüber sind sich alle maßgeblichen Instanzen einig. Geplant ist also ein Neubau, der bis 2025 fertiggestellt sein soll. Niemand wagt derzeit eine Prognose zu den zu erwartenden Kosten, der Bund hat jedenfalls eine Beteiligung in Höhe von 740 Millionen Euro zugesagt. Der Zeitplan bedeutet aber auch, dass die alte Brücke noch viele Jahre immer wieder geflickt und repariert werden muss, also nie wieder völlig störungsfrei befahrbar sein wird. Zudem wird der Neubau – der offizielle erste Spatenstich fand am 14. Dezember 2017 statt – über mindestens acht Jahre erhebliche Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs, aber auch der Binnenschifffahrt mit sich bringen. Weil die Planer dieses Mal schlauer sein wollen als vor rund 50 Jahren, soll die Brücke über insgesamt zehn(!) Fahrspuren verfügen – und zwar auf zwei parallel angelegten Einzelbrücken. Diese Planung hat dramatische Auswirkungen auf die Vorflutbrücken und die Rampen. So muss für diese Bauten auf der Leverkusener Seite die Deponie Dhünnaue geöffnet werden, in der der Bayer-Konzern über Jahrzehnte deklarierte Chemieabfälle wild entsorgt hat; die Deponie war erst in den Achtzigerjahren mit einem Aufwand in Millionenhöhe versiegelt worden. Nicht nur deshalb plädiert die Bürgerinitiative “LEV muss leben” für eine Tunnellösung anstelle der Doppelbrücke – ein Vorschlag, der von den verantwortlichen Stellen rundheraus abgelehnt wurde.Es ist schade um die Leverkusener Autobahnbrücke, die von der Konstruktion und dem Aussehen her beinahe ein Zwilling der Rheinbrücke Neuenkamp in Duisburg, der dasselbe Schicksal aus exakt denselben Gründen droht. Wohlgemerkt: Nicht die Konstruktion und Ausführung an sich stellt bei beiden Brücken das Problem dar, sondern die enorme und unkontrollierbare Belastung durch den Autoverkehr, besonders durch Lastkraftwagen.
[Abbildungen – Titelbild & Spatenstich: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons; Schrankenanlage & Entwurf: www.strassen.nrw.de; Stau: Rai30’s Weblog]