Nein, die Deutzer Brücke ist ganz sicher nicht die älteste in Köln. Schließlich wurde sie erst am 16. Oktober 1948 eingeweiht. Und eigentlich war überhaupt nicht geplant, an dieser historischen Stelle eine neue Brücke zu errichten. Denn bis 1945 stand hier die Hindenburg-Brücke, eine zwischen 1913 und 1915 gebaute selbstverankerte Kettenhängebrücke. Und zwar kaum 150 Meter entfernt vom Standort der Römerbrücke, die zwischen ca. 310 und 950 für mehr als 600 Jahre die einzige Brücke über den Rhein weit und breit war. Man kann auch sagen: Wo jetzt die Deutzer Brücke steht, können die Kölner schon seit mehr als 1.700 Jahren trockenen Fußes über den Fluss. Und wie es die bewegte Geschichte Colonias will, ist die Stahlkastenträgerbrücke schon die fünfte oder sechste Überführung an dieser Stelle.
Wie gesagt: Ein Neubau war nicht geplant, denn eigentlich war die Deutzer Hängebrücke – so hieß sie bevor man dem Reichspräsidenten die Ehre erwies – noch ganz gut in Schuss. Jedenfalls bis Anfang des zweiten Weltkriegs. Bei den großen Bombenangriffen hatte sie manchen Treffer abbekommen, und weil sie ab Ende 1944 die einzige intakte Brücke in Köln und Umgebung war, diente sie den abziehenden Truppen der deutschen Wehrmacht, aber auch dem gesamten Versorgungsverkehr. Ständig wurde an der Brücke gewerkelt, aber am 28. Februar 1945 brach sie vom Ostufer ausgehend in sich zusammen und riss Dutzende Fahrzeuge und sicher hundert Menschen hinab in die eisigen Fluten. Niemand weiß, wie viele Opfer der Brückeneinsturz kostete. Nachdem die Belgier und die Amerikaner Köln eingenommen hatten, musste also schnell eine feste Verbindung auf die schäle Sick her. US-Pioniere bauten also eine Behelfskonstruktion, die sogenannte “McNair-Bridge”, die schon am 24. Mai 1945 fertig wurde. Weil dieses Bauwerk vom Typ “Pfahljochbrücke” auf Dutzenden von Pfählen ruhte, die gut sichtbar im Rheingrund steckten, trug sie bald den Spitznamen “Tausendfüßler”. Den Besatzungsoffizieren und auch den fleißigen Kölnern, die sofort nach dem letzten Schuss damit begannen, ihre fast vollständig zerstörte Stadt wiederaufzubauen, war klar: Hier muss rasch eine neue, leistungsfähige Brücke her. Natürlich dachte man zunächst an eine Hänge- oder Bogenbrücke, aber dann entschied man sich für eine flache Konstruktion – die Aussicht auf den Dom sollte nicht verstellt werden. Fritz Leonhard, der später als Konstrukteur der Düsseldorfer Brückenfamilie berühmt wurde, ein schon in der NS-Zeit berühmter Brückenbauer, entwarf also die allererste Stahlkastenbrücke, deren Bauteile in der Gute-Hoffnungs-Hütte in Oberhausen gefertigt wurden. Etwas mehr als zwei Jahre dauerte der Bau, und am 16. Oktober 1948 wurde die neue Deutzer Brücke feierlich und in Anwesenheit zahlreicher Würdenträger und der Prominenz der katholischen Kirche eingeweiht. Wie die Mülheimer und Deutzer Brücke sowie Severins- und Zoobrücke wurde sie ebenfalls im vom ehemaligen Oberbürgermeister persönlich gewünschten Kölner Brückengrün angestrichen.Köln wuchs in der Folge und besonders der Verkehr wurde immer mehr. Da reichte die Kapazität der Deutzer Brücke, über die ja auch Straßenbahngleise führen, irgendwann nicht mehr. Also setzte man – ähnlich wie bei der Hohenzollernbrücke – zwischen 1976 und 1980 einfach eine zweite Brücke neben die bestehende. Weil der Betonbau sich technisch dramatisch weiterentwickelt hatte und viel billiger war als das Bauen in Stahl, entschied man sich für eine Spannbetonkastenbrücke. Damit der Unterschied nicht so auffiel, gestaltete man das Betonteil aber so, dass es wie ein Stahlkasten aussah. Innen ist diese Konstruktion hohl, und der Hohlraum wird für die Kunst und die Musik genutzt.
In der 1980 freigegebenen Fassung ist die Deutzer Brücke 437 Meter lang und 31,5 Meter breit. In der Mitte fährt auf zwei Schienensträngen die Straßenbahn, für die Autos gibt es in jeder Richtung zwei Fahrspuren, und an den Seiten ist Platz für Fußgänger und Radfahrer. Sie verbindet die Altstadt mit Deutz am rechten Ufer und ist wie die Severinsbrücke auf den innerstädtischen Verkehr ausgerichtet.
[Titelbild: © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)]