Im Niemandsland zwischen Düsseldorf und Duisburg, direkt am Rhein, liegt das Örtchen Wittlaer, einst ein idyllisches verträumtes Örtchen, indem die Familien lebten, die schon immer da gelebt haben, ein paar Künstler und wenige Händevoll Düsseldorfer, denen die Großstadt zu großstädtisch geworden war. Ansonsten kannten die Bewohner der Landeshauptstadt dieses Wittlaer praktisch nur vom Vorbeigehen oder -radeln oder als Standort des legendären Restaurants „Brands Jupp“. Dann entdeckte die hiesige Immobilienwirtschaft Wittlaer. Dabei blieb der Ort selbst zunächst von ausufernden Neubauvierteln verschont, dafür aber waren die Ortsteile Bockum und Einbrungen dran, beides uralte Kulturlandschaften, auf denen Bauern Ackerbau und Viehzucht betrieben. Der Druck auf dem Düsseldorfer Wohnungsmarkt nahm ab den Achtzigerjahren zu, und so wurden weite Gebiete außerhalb des alten Ortskerns für die Bebauung freigegeben.

Google-Map: Wittlaer (mit Klick zu Google Maps)

Erst Mitte der Neunziger entstand das, was man heute als Einbrungen kennt – eine Neubausiedlung hinter einer langen Mauer zur Duisburger Landstraße. In Bockum verlief die Entwicklung anders. Bereits 1912 errichtete die Stadt Duisburg, zu der die Gemeinde damals noch gehörte, hier ein Wasserwerk und baute zugleich eine Siedlung für die Arbeiter. Apropos: Übertrieben ausgedrückt gehört der Norden Wittlaers schon zum Ruhrgebiet – jedenfalls hat man hier Mitte des 19. Jahrhunderts nach Steinkohle geforscht, und ein Bockumer Großbauer hat mit großen Hoffnungen jede Menge Land an ein Kohlekonsortium verkauft. Während Bockum also eher zu Duisburg zählt, muss man Einbrungen schon fast zu Angermund rechnen. Beide Orte, Wittlaer mit Bockum und Angermund, wurden erst 1975 nach Düsseldorf eingemeindet.
St. Remigius in Wittlaer

St. Remigius in Wittlaer

Während Angermund ein klassisches Ausflugsziel für Düsseldorfer war, gab es für die Landeshauptstädter wenig Grund, nach Wittlaer zu kommen. Überhaupt nahm man den kleinen Ort mit der großen Kirche St. Remigius südlich von Kaiserswerth kaum wahr. Das änderte sich, als mit der Eingemeindung eine erste Welle Häuslebau begann – vor allem Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst kamen hierher. Auch motiviert durch die schnelle Straßenbahnverbindung in die Innenstadt – die legendäre „D-Bahn“ (heute: U79), die Duisburg mit Düsseldorf verbindet; diese Linie ist ein Relikt der Kleinbahn, die ab 1900 eine Eisenbahnverbindung zwischen den benachbarten Großstädten herstellte.
Der Myriameterstein am Rheinufer bei Wittlaer

Der Myriameterstein am Rheinufer bei Wittlaer

Was Wittlaer mit dem Rhein zu tun hat? Wenig. Die Wittlaerer Bevölkerung bestand bis vor wenigen Jahrzehnten vor allem aus Bauern. Fischer hatten sich hier nicht angesiedelt, aber es soll zwei Rheinschifferfamilien im Ort gegeben haben. Das hat vor allem damit zu tun, dass Wittlaer in historischer Zeit nie am Rhein lag, sondern – je nach dem Verlauf des Stroms mehr oder weniger landeinwärts. Vor den diversen Begradigungs- und Deichbaumaßnahmen lagen zudem mehrere Rheinarme und -inseln zwischen dem Ort und dem Fluss. Noch heute verläuft der Schwarzbach – von den Höhen nordöstlich von Ratingen kommend – parallel zum Rhein durch die Aue westlich der Gemeinde. Weil aber am Ufer schon seit Hunderten von Jahren ein viel genutzter Treidelpfad verläuft, gehört ein Sonntagsspaziergang oder später eine Radtour darauf für viele Düsseldorfer zum Freizeitprogramm.
Ansichtskarte aus Wittlaer von 1899

Ansichtskarte aus Wittlaer von 1899

So kann man zu Fuß oder auf dem Fahrrad bequem von Düsseldorf aus an der Messe vorbei, über den Lohauser Deich, Kaiserswerth passierend nach Wittlaer kommen und auf Wunsch auch bis in den Duisburger Süden laufen oder radeln. Kurz vor Bockum stößt der alte Leinpfad auf den Wittlaerer Rheinuferweg und trägt dann einen Namen, der bei Ortsfremden immer wieder für ungläubiges Grinsen sorgt: Aschlöksken. Nein, da fehlt kein „R“, der Weg, der eine Gegend beschreibt, schreibt sich tatsächlich so. Denn es handelt sich um die mundartliche Umschreibung des Wortes „Ascheloch“. Eine Legende besagt, dass hier die Rheindampfer in der kurzen Ära der Dampfschifffahrt die Asche ihrer Kessel verklappt haben. Und das eigentliche Aschlöksken ist überhaupt das Wirtshaus gleichen Namens mit seinem ungewöhnlichen Biergarten (der im RMD noch einmal separat vorgestellt wird).
Brands Jupp - die legendäre Wittlaerer Gaststätte

Brands Jupp – die legendäre Wittlaerer Gaststätte

Wenn man über die Gastronomie in Wittlaer spricht, darf man aber auch das Wirtshaus zur Linde nicht vergessen, ein Familienbetrieb, der an die Tradition der klassischen Dorfgaststätte anknüpft; und zwar in jeder positiven Hinsicht. Das gastronomische Highlight der Gemeinde ist und bleibt aber Brands Jupp, ein Traditionshaus mit wechselvoller Geschichte, das seit Jahren wieder in sehr guten Händen ist.
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1 Kommentar

  1. Ach, schau her, Wiitlaer gehörte also einst zu Duisburg, das erklärt natürlich das Duisburger Wasserwerk dort, über das ich mich schon gewundert hatte. Hätte ich mit etwas Nachdenken auch selber drauf kommen können.

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