Manche Kölner und Leverkusener behaupten, das Schönste am uralten Bauerndorf Flittard seien die Rheinaue – da könne man wunderbar spaziergehen. Das mag daran liegen, dass sich kaum je Leute aus nah und fern in den Ort selbst verirren. Dabei hätte zumindest der alte Dorfkern unterm Deich dies verdient, denn der hat sich seinen bäuerlichen Charakter sehr weitgehend erhalten. Wer nicht vom Rhein kommt, wundert sich dagegen, weshalb hier direkt am Strom immer nur Bauern gehaust haben und keine Fischer. Das hat historisch zwei Gründe: Zwar war der große Fluss fast immer recht fischreich, aber dann doch nicht so sehr, dass sich sehr viele Fischer an seinen Ufern haben halten können. Zumal Voraussetzung für eine – noch so kleine – Flotte zumindest ein Naturhafen ist. Und den gab es in und bei Flittard nie.
Dafür aber fruchtbares Schwemmland an diesem flachen Rheinbogen. Wie häufig am Niederrhein wurden die Flächen, die der mächtige Strom regelmäßig überflutete, seit alters her landwirtschaftlich genutzt. Allerdings um den Preis, dass die zugehörige Ansiedelung bei besonders hohen Pegelständen gleich mit unter Wasser gesetzt wurde. Das geschah Flittard in historischen Zeiten alle paar Jahre. Schließlich leitet sich der Ortsname vom Verb „fließen“ in der niederhochdeutschen Sprache ab. Erst der Bau des Rheindeichs am rechten Rheinufer änderte diesen Zustand. Heute werden die Flächen unterhalb des Flittarder Damms immer noch von den Bauern genutzt – wie es rechtsrheinisch zwischen Köln-Mülheim und Duisburg an vielen Stellen geschieht. Rund 8.000 Menschen wohnen aktuell in Flittard, wobei der kleinste Teil im alten Ort wohnt, denn östlich davon seit den Sechzigerjahren drei neue Viertel, teils mit Eigenheimen, teils mit verdichtenden Wohnblöcken bebaut, entstanden. Und auch wenn Flittard nominell zu Köln-Mülheim gehört, richtet es sich doch sehr viel mehr an Leverkusen an. Das Bayerwerk grenzt im Norden unmittelbar an die Ortsgrenze; der berühmte Japanische Garten im Carl-Duisberg-Park liegt ebenso auf Flittarder Gebiet wie der Golfclub Leverkusen mit seinem wunderschönen Clubhaus. Weniger schön, aber nützlich: das NKT-Kabelwerk unmittelbar an der immer noch stark befahrenen Bundesstraße B8, die Leverkusen mit dem Mülheimer Norden verbindet. Ein echtes Denkmal ist dagegen die Telegrafenstation Nr. 50, zwischen Flittard und Stammheim gelegen, denn dieses weiße Gebäude ist der letzte erhaltene Semaphor der preußischen optischen Telegrafenlinie Berlin – Koblenz. Mit dieser Linie konnten zwischen 1832 und 1849 Nachrichten sicher und schnell über 550 Kilometer weitergeleitet werden. Buchstaben und Zeichen wurden durch die Stellung von sechs Zeiger an einem Mast auf dem Dach dargestellt. Die Verbindung diente ausschließlich der Übermittlung von Staatsdepeschen, die Texte waren entsprechend kodiert.Wie im Rheinland üblich, gibt es in Flittard ein reges Vereinsleben, nicht nur rund um den kölschen Karneval. Ein Bürgerverein kümmert sich um die Traditionen, die Spielvereinigung 1920 Köln-Flittard kickt mit einigem Erfolg in der Bezirksliga, und der Männerchor und das Musik-Corps sorgen für den musikalischen Schwung. Redet man mit den Flittardern, stößt man auf eine große Portion Heimatliebe. Durch die vielen Kölner, die in den letzten 40 Jahren hierher gezogen sind, fühlt man sich der Millionenstadt inzwischen sehr verbunden – aber bleibt doch gern Einwohner des Bauerndorfs, das so oft unter Hochwasser hat leiden müssen.