Von allen Rheindörfern, die wir in unserer Serie vorgestellt haben oder noch vorstellen werden, könnte Mündelheim das unbekannteste sein. Dabei zählt es zu den ältesten Vertretern dieser Gattung und zu den ursprünglichsten. Dass davon nur wenige wissen, mag damit zusammenhängen, dass Mündelheim 1929 nach der Zerschlagung des Amtes Angerland der Stadt Duisburg zugeschlagen wurde – was historisch grober Unfug war. Auch wenn auf dem heutigen Gebiet des Bezirks Mündelheim seit der Hochzeit der Industrialisierung und besonders seit den Fünfzigerjahren viele Arbeiter wohnen, die in den Großbetrieben der Stahlindustrie im Duisburger Süden wirken, ist dieses Dorf doch am ehesten der Prototyp des niederrheinischen Bauerndorfs in Rheinnähe. Und wenn man einen Spaziergang durch Alt-Mündelheim unternimmt und dann weiter in den Ehinger Rheinbogen wandert, wird immer wieder Staunen, dass die Schlote und Kühltürme von Hüttenheim und Huckingen so nah sind.
Die älteste Urkunde, in der Mündelheim erwähnt wird, stammt vom 4. Mai 947; die Archäologie hat aber Erkenntnisse gewonnen, dass an dieser Stelle bereits um das Jahr 750 herum eine Siedlung bestand. Wesentlich älter dürfte Serm sein, das zum Bezirk zählt, und schon gegen Ende der Römerzeit eine Rolle spielte. Wie so oft hing die Bedeutung vom Rhein ab, besonders Frage, ob hier eine Furt oder gar Fährverbindung den Übergang von Truppen ermöglicht. Dabei muss man immer wieder in Betracht ziehen, dass sich der uns heute so vertraute Lauf des Stroms über die Jahrhunderte viele, viele Male extrem geändert hat. Jedenfalls wird Serm in spätrömischer Zeit eine rechtsrheinische Brückenkopfsiedlung gewesen sein, das Gegenstück zum Kastell Gelduba (Krefeld-Stratum-Gellep). Mündelheim selbst dürfte bis weit in die Zeiten des dreißigjährigen Kriegs näher am Rhein gelegen haben und wird wohl im wesentliche ein Fischerdorf gewesen sein. Landwirtschaft wurde von den sechs oder sieben großen Höfen in der näheren Umgebung betrieben. Heute ist das gesamt Gebiet des Bezirks Mündelheim landwirtschaftlich geprägt; die Flächen dehnen sich bis dicht an den Fluss im großen Rheinbogen aus. Hier bieten sich übrigens herrliche Gelegenheiten für Spaziergänge und Wanderungen. Über die ersten gut 700 Jahre seiner Existenz war das kleine Dorf fast durchgehend Opfer irgendwelcher Kriege und Feldzüge – im dreißigjährigen Krieg wurde es mehrfach von marodierenden und brandschatzenden Truppen überfallen und im Jahr 1643 vollständig niedergebrannt und zerstört. Und wen gerade kein Krieg herrschte, hatten die Bewohner den Rhein und seine Hochwasser zu fürchten. Allein im 19. Jahrhunderts versank der Ort mehrfach in den Fluten. Auch heute noch steht Mündelheim im Brennpunkt der Hochwasservorsorge. Immer wieder sind Veränderungen der Deiche im Gespräch mit dem Ziel den Ehinger Rheinbogen im Nordwesten zum Vorflutgelände zu machen. Das Dorf Mündelheim hat sich – wie auch Serm – seit dem Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg kaum verändert. Noch immer bildet St. Dionysius den Mittelpunkt des Ortes, noch immer verläuft das Leben vor Ort gemächlich, noch immer gilt hier gute Nachbarschaft, auch wenn ein Großteil der Bewohner nach Duisburg oder Düsseldorf zur Arbeit pendelt. Auch in Serm werden die Traditionen gepflegt, und das wilde Treiben am Karnevalssonntag lockt Jecken aus der weiteren Umgebung an. Ganz anders ist dagegen das relativ junge Wohnviertel am Ehinger Berg nördlich der B288, die den Bezirk durchschneidet. Die führt über die Krefeld-Uerdinger-Brücke in die linksrheinische Nachbarstadt. Vermutlich gab es an dieser Stelle schon vor vielen Jahrhunderten eine Fährverbindung. Die erste Brücke wurde tatsächlich erst in den Dreißigerjahren erbaut, auf den Namen Adolf Hitlers getauft und von Rudolf Heß persönlich eröffnet.Natürlich hat solch ein Dorf nicht nur eine Kirche, sondern auch die Schule, die Feuerwehr und eine Sparkasse sowie mindestens einen Gasthof. Den betrieb Wirt Peter Fehmer 36 Jahre lang, und als er ausstieg, fürchteten die Menschen, ihnen würde ein wichtiger Treffpunkt verlorengehen. Zum Glück fand sich eine Nachfolgerin, sodass die Gaststätte Schmitz direkt neben St. Dionysius die gastliche Institution im Ort bleibt.