Schiffe werden gebaut, in Dienst gestellt und fahren mehr oder weniger lang. Zwischendurch werden sie repariert, umgebaut und saniert. Aber irgendwann endet auch das “Leben” eines Schiffes – und sei es noch so schön und berühmt. Ein besonders trauriges Ende nahm das Flusskreuzfahrtschiff MS Europa, das 38 Jahre lang auf dem Rhein fuhr, eine Schönheit, die von ihren Stammgästen geliebt wurde. Dabei ist sowohl die Geschichte ihres Baus, als auch die ihres Ende ausgesprochen ungewöhnlich.

Als die Victoria Cruziana noch als Kreuzfahrer fuhr

Als die Victoria Cruziana noch als Kreuzfahrer fuhr

Tatsächlich gibt es so etwas wie Flusskreuzfahrten noch nicht sehr lange. Genauer gesagt: auf dem Rhein seit kaum 60 Jahren. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es natürlich bereits Personenschiffe auf dem Rhein, die aber durchweg auf festen Routen im Linienverkehr liefen und einfach eine Alternative für Reisende darstellten. Auf See existieren Cruise Liner auch nicht wesentlich länger. Die großen Ozeandampfer, die ab etwa 1850 auf den berühmten Strecken über den Atlantik oder den indischen Ozean fuhren, waren ebenfalls Reiseschiffe, die von einem Hafen zum anderen fuhren – in der Regel ohne Zwischenstopp, es sei denn aus technischen Gründen um beispielsweise Kohle zu bunkern. Der Übergang war fließend und begann auf den Flüssen im Zusammenhang mit dem Beginn des Tourismus’. Auf dem Nil und auf der Donau setzten Reedereien Dampfer ein, die eben nicht einfach von Wien zum Schwarzen Meer fuhren, sondern in Budapest und Belgrad sowie kleineren Hafenstädten Station machten. Um ehrlich zu sein: Es gab Kreuzfahrten schon früher. Die P&O bot bereits um 1845 solche Luxusreisen an, die keine Passage von A nach B darstellten, sondern britischen Touristen die Möglichkeit boten, mehrere Häfen kennenzulernen. Auch der Reeder Albert Ballin bot solche Kreuzfahrten mit den Schiffen der Hapag an, um seine Schiffe im Winter auszulasten.
1960: Auf der Brücke der MS Europa (Foto: Bundesarchiv)

1960: Auf der Brücke der MS Europa (Foto: Bundesarchiv)

Aber echte Kreuzfahrten auf dem Rhein, die gab es vor 1960 nicht. Es war die 1853 entstandene Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt, die wir heute als KD kennen, die in den Fünfzigerjahren beschloss, neben den Linien- und den Ausflugsfahrten es auch im Tourismus zu versuchen. Die Nachfrage, besonders von Touristen aus den USA, war vorhanden, wenn auch nicht groß. Allerdings gab es kein Schiff in der Flotte, das für diesen Zweck geeignet war oder das man hätte umbauen können. Also gab man den Entwurf für ein Kreuzfahrtschiff in Auftrag. Der Bau begann im Oktober 1959 mit der Kiellegung, der Stapellauf fand schon am 9. April 1960 statt. Getauft wurde das schöne Schiff am 5. Juni 1960 auf den Namen MS Europa. Eingesetzt wurde es auf Planfahrten zwischen Rotterdam und Basel; Passagiere konnten die ganze Fahrt, aber auch Teilstrecken buchen.
1960: Gäste auf dem Sonnendeck der MS Europa (Foto: Bundesarchiv)

1960: Gäste auf dem Sonnendeck der MS Europa (Foto: Bundesarchiv)

Leider erwies sich das Schiff spätestens ab Mitte der Siebzigerjahre als nicht rentabel; es wurde zu Beginn 1979 sogar stillgelegt. Erst nach einem Umbau und der Modernisierung kam sie wieder zu alten Ehren und lief bis 1990 als Kreuzfahrer. Wieder waren es mangelnde Nachfrage und Rentabilität, die dafür sorgten, dass die Europa ab 1990 nur noch als stationäres Hotelschiff sowie für Charter- und Vertretungsfahrten zum Einsatz kam. Nachdem sie 1996 erneut stillgelegt wurde, fand sich mit den niederländischen Bonaventura Cruises ein neuer Eigner, der das Schiff nun Victoria Cruziana nannte und für Fahrten zwischen Köln und Basel einsetzte. So diente sie wieder über rund 10 Jahre als Kreuzfahrer. Dann bot die Reederei das Schiff zum Verkauf an und fand 2010 einen Käufer, der die Victoria Cruziana nach Belgrad überführen und dort als Hotelschiff nutzen wollte.

Nun wird es wild. Per Schubschiff kam das entsprechend präparierte Schiff bis nach Passau. Und dann hörte man vom Käufer über mehrere Monate nichts mehr. Um die angefallenen Liegegebühren reinzuholen, sollte die Victoria Cruziana am 19. November 2010 zwangsversteigert werden. Am Abend vor der Versteigerung gab es einen Wassereinbruch, und das Schiff sank. Weil der Inhaber inzwischen insolvent war, hob die Hafenverwaltung das Schiff auf eigene Kosten gehoben hatte, meldete sich der Besitzer und bot an, die Liegegebühren doch zu zahlen. Man ging darauf ein, und so erreichte die ehemalige MS Europa doch noch die Donau in Belgrad, wo sie seitdem als Hotelschiff unter dem Namen Compass River City weiter existiert.

[Titelbild: Sammlung Georg Mürb via Wikimedia unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 DE; Foto “Victoria Cruziana”: Frila via Wikimedia als gemeinfrei]

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