Die Nachricht vom vergangenen Mittwoch war schockierend. Der Flusskreuzfahrer Viking Sigyn hatte auf der Donau bei Budapest auf Höhe der Margaretenbrücke das Ausflugsboot Hableany bei starker Fahrt gerammt. Das kleiner Schiff mit 35 Passagieren und Crew kenterte und sank innerhalb von sieben Sekunden. Sieben Tote konnten geborgen werden, 21 Menschen werden weiterhin vermisst. Dank Überwachungskamera ist der Unfallhergang gut dokumentiert, jetzt stellt sich die Schuldfrage. Und viele Menschen am Rhein in unserer Region fragen sich: Kann das bei uns auch passieren?

Google-Map: Margaretenbrücke in Budapest

Denn sowohl die Donau, als auch der Rhein sind nicht nur stark befahrene Wasserstraßen, sondern vor allem das Revier zahlreicher Kreuzfahrtschiffe. Ein Blick auf die Google-Map zeigt allerdings einen eklatanten Unterschied zwischen der Situation in Budapest und der bei Köln und Düsseldorf: Jede der gestrichelten Linien im Fluss steht für die Route von Linien- und Ausflugsbooten – eine Verkehrsdichte, die bei uns nicht existiert. Den Hauptanteil am Verkehr macht auf beiden Strömen der Frachtverkehr aus, jedoch verkehren gerade auf der österreichischen und der ungarischen Donau deutlich mehr Kreuzfahrer als am Niederrhein. Dabei stellt Budapest in mancher Hinsicht ein Nadelöhr dar. Mitten in der Stadt teilt die Margareteninsel den Strom in zwei Armen von jeweils rund 200 Metern Breite. Zum Vergleich: Bei normalem Wasserstand ist der Rhein zwischen Duisburg und Köln durchgehend mindestens 320 Meter, meistens sogar mehr als 360 Meter breit.
Die schreckliche Kollision auf der Donau (Screenshot)

Die schreckliche Kollision auf der Donau (Screenshot)

Als besonders gefährlich gilt die Durchfahrt unter der Margaretenbrücke hindurch. Diese Brücke verbindet die Teile Buda (westlich der Donau) mit Pest (im Osten) und ist insgesamt rund 640 Meter lang. Dabei macht die Brücke einen Knick, weil einer der Hauptpfeiler auf der Südspitze der Margareteninsel steht. Sieben gemauerte Strompfeiler tragen die die Stahlbögen mit der Fahrbahn. Daraus ergeben sich je drei Durchfahrten zu den beiden Donauarmen; jeweils eine davon für die jeweilige Fahrrinne berg- und talwärts. Diese Durchfahrten haben eine lichte Weite von rund 60 Metern. Die rechte Rinne ist ausschließlich für stromabwärts fahrende Schiffe vorgesehen. Die linke Fahrrinne wird von stromaufwärts fahrenden Passagier- und Frachtschiffen vorgesehen, darf aber von Ausflugsbooten in beiden Richtungen benutzt werden.

Eine vergleichbare Situation gibt es am Rhein in unserer Region nicht einmal annähernd. Die meisten der 22 Rheinbrücken am Niederrhein sind Hängebrücken. Bei den Eisenbahn- und Straßenbrücken, die als Kasten- oder Fachwerkbrücken den Fluss kreuzen, liegt die Durchfahrtbreite immer bei mindestens 120 Metern, also dem Doppelten der Margaretenbrücke in Budapest. Die Gefahr, dass zwei in derselben Richtung fahrende Schiffe kollidieren, ist selbst bei maximalem Verkehr verschwindend gering. Allerdings: Beobachter berichten von teils abenteuerlichen Manövern der Budapester Ausflugsboote, die nicht selten knapp vor dem Bug eines Frachters oder Kreuzfahrers kreuzen – ein Bild, das man auf dem Rhein bei Köln, Düsseldorf oder Duisburg nie sehen wird.

Tatsächlich ist es in den vergangenen 50 Jahren zu keiner einzigen Kollision zwischen einem Fracht- oder Passagierschiff und einem Ausflugsboot in unserer Gegend gekommen. Das schwerste Schiffsunglück, an dem ein kleineres Touristenschiff beteiligt war, liegt mittlerweile fast 16 Jahre zurück; damals war die “Loreley” der Köln-Düsseldorfer bei Niedrigwasser auf Grund gelaufen und manövrierunfähig gegen einen Felsen geprallt. Dieser Unfall forderte zehn Schwerverletzte unter den gut 350 Passagieren.

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