Noch lange nicht jeder Düsseldorfer kennt den Reisholzer Hafen. Und wenn, dann am ehesten den Namen, aber weder dessen Funktion, noch dessen Geschichte. Lediglich Kunstinteressierte haben sich in den vergangenen Jahren nach Holthausen – denn zu diesem Stadtteil zählt der Hafen eigentlich – verirrt, denn etliche der brachliegenden Gebäude und Flächen wurden seit Jahren von Künstlern genutzt. Aber schon seit gut fünfzehn Jahren, wenn nicht noch länger, regt das insgesamt rund 100 Hektar große Industriegelände die Phantasie von Planern und Investoren an. Entstanden sind dabei einige weltfremde, einige größenwahnsinnige, aber auch eine Reihe ganz realistischer Ideen. Letztere sind bereits aus dem Ideenstadium hinaus und liegen nun in der Phase von Machbarkeitsstudien, Entwicklungsplänen und Genehmigungen.
Kaum jemand in der Stadt ahnt, dass der Bau des Reisholzer Hafens in den Neunzigerjahren des 19. Jahrhunderts die Geburtsstunde eines für die Stadt bis heute enorm wichtigen Unternehmens war – die IDR AG, einem der größten gewerblichen Immobilienentwicklers und -verwalters der Stadt. Die Abkürzung steht für „Industrieterrains Düsseldorf-reisholz“, und die Stadt Düsseldorf ist seit 1951 einziger Aktionär der Gesellschaft. Man kann also sagen: Die IDR ist ein städtisches Unternehmen. Sie hat den Rheinturm gebaut, der ihr heute noch gehört, die Umwandlung des ehemaligen Mannesmann-Geländes an der Theodorstraße geführt und ist an beinahe allen wesentlichen großen Bauprojekten der Staat in verschiedener Funktion beteiligt. Aktuell ist die IDR Eigentümerin einiger Grundstücke im Bereich des Reisholzer Hafens.
Der Hafen besteht im momentanen Zustand aus etwa 1.000 Metern Kaianlage mit noch zwei Kränen und zwei Abfüllanlagen. Genutzt wird er eher gering, vor allem für das Verladen von Schwertransporten. Bereits seit 2004 wird darüber diskutiert, diesen Hafen wieder zu revitalisieren – dies vor allem, um mehr Güterverkehr von der Straße auf Wasserstraßen zu verlagern. 2016 hat der Rat der Stadt beschlossen, dass die IDR eine spezielle Entwicklungsgesellschaft gründen und 50 Prozent der Anteile an die Neuss-Düsseldorfer Häfen übertragen soll. Ziel dieses Beschlusses: Die neue Gesellschaft soll den Hafen zu einem neuen Umschlagsplatz für Container entwickeln, speziell für Unternehmen im Düsseldorfer Süden. Dagegen läuft bereits seit Jahren eine Bürgerinitiative namens „Hafenalarm“ Sturm. In dieser Initiative haben sich rund 200 Bewohner der umliegenden Stadtteile, vor allem aus den Rheindörfern Himmelgeist und Itter zusammengeschlossen, die eine starke Beeinträchtigung der ganzen Region durch anwachsenden Lkw-Verkehr und auch Binnenschiffe fürchten. Vor allem weisen die Gegner des Haufenausbaus auf die Naturschutzgebiete Himmelgeister Rheinbogen nordwestlich und Zonser Grind am linken Ufer hin. Sie befürchten aber nicht nur auf die Beeinträchtigung dieser Gebiete, sondern auch auf Belästigungen für die unmittelbaren Anwohner – sinkende Immobilienwerte inklusive. Ein bisschen absurd erscheint auch die Warnung vor einer Zunahme an Schiffshavarien in diesem Bereich. Vorgesehen ist eine Fläche von rund 35 Hektar in direkter Rheinnähe. Betroffen ist aber auch der Rest des Areals, denn schon jetzt sind mehrere Logistikzentren in Planung. Obwohl es in einem Fall noch keine umfassende Genehmigung gibt, wurden in den vergangenen Wochen auf dem ehemaligen Kemnaten-Gelände sämtliche Bäume, auch solche, die unter den Schutz der Baumsatzung fallen, gefällt – wie die BI Hafenalarm vermutet, um Fakten im Hinblick auf den Ausbau zu schaffen. Befürworter des Ausbaus weisen mit Nachdruck darauf hin, dass Häfen bzw. Umschlagplätze – wie der geplante – eine notwendige Voraussetzung dafür sind, besonders den Schwergut- und den Containertransport vermehrt von der Straße aufs Wasser zu verlagern. Im Hintergrund kämpfen Lobbys gegeneinander: Auf der einen Seite die Vertreter der Binnenschifffahrt, auf der anderen Seite die Autolobby, die seit Monaten propagiert, Rheinschiffe mit ihren altmodischen Antrieben seien wesentlich für die Stickoxidbelastung in den Städten am Rhein verantwortlich. In welcher Weise und in welchem Umfang ein Ausbau des Reisholzer Hafens negative Einflüsse auf die Umwelt haben könnte, ist Gegenstand mehrerer Studien, die zum Thema in Auftrag gegeben wurden.[Fotos: Titelbild – Hajo Kendelbacher via The Düsseldorfer; Bild „Reisholzer Hafen“ – JoAchim Geschke via Neue Düsseldorfer Online-Zeitung; Bild „Himmelgeister Rheinbogen“ – Padaphant via Wikimedia unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“]